Die Vorbereitungsphase bildet den ersten Schritt im Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) und schafft die Basis für alle weiteren Maßnahmen. Hier geht es darum, klare Ziele festzulegen und organisatorische Strukturen aufzubauen. Durch eine sorgfältige Planung und Abstimmung in der Vorbereitungsphase wird sichergestellt, dass das BGM gezielt auf das Unternehmen ausgerichtet ist.
BGM-Prozess: Vorbereitungsphase
Der BGM-Prozess beginnt meist damit, dass sich Unternehmen bewusst werden, mehr für die Beschäftigten tun zu müssen. Das kann unterschiedliche Auslöser haben – hohe Krankenstände, sinkende Produktivität oder konkrete Krankheitsereignisse im Betrieb. Andere wollen die Zufriedenheit oder das Betriebsklima verbessern. Was auch immer der erste Funke war: Gute BGM-Projekte beginnen mit klar definierten Zielen. Sie dienen der Orientierung und verdeutlichen Erwartungen. In der Praxis werden die Ziele meist von der Leitungs- und Führungsebene im Rahmen eines Strategieworkshops festgelegt.
Wichtig ist, dass die Ziele konkret und realistisch sind – und zum Unternehmen passen. Große Unternehmen legen andere Maßstäbe an BGM an als KMUs oder Kleinbetriebe. Folgende Fragen des Bundesinnenministeriums können helfen, die Ziele und Erwartungen aller Beteiligten zu klären:1
- Was soll das Ziel des BGM sein und was soll damit erreicht werden? Was verstehen die Beschäftigten, Führungskräfte und Unternehmensleitung unter “Gesundheit”? Gibt es ein gemeinsames Verständnis?
- Wo steht Gesundheit in der Zielhierarchie des Betriebs? Ist sie an sich schon ein Wert oder sieht man sie nur als Instrument zur Erreichung der Betriebsziele – z.B. Produktion erhöhen, Kosten sparen?
- Wer handelt und berichtet wem zur betrieblichen Gesundheit? Wird der Unternehmensleitung direkt Bericht erstattet oder wird delegiert? Wo in der Hierarchie ist der Handlungsbereich Gesundheit verankert?
- Wie kann Gesundheitsmanagement umgesetzt werden? Welche Ressourcen stehen zur Verfügung (Personal, Infrastruktur, Finanzen)? Sind die Mittel angemessen, um die Ziele zu erreichen?
Gemeinsame Ziele, Visionen, Definitionen, Werte und Regeln fördern die Identifikation mit dem Thema BGM und fördern die Motivation aller Beteiligten, den BGM-Prozess gemeinsam zu gestalten – aufbauend auf einer gemeinsamen Basis.
Welche gesundheitsförderlichen Strukturen existieren im Betrieb bereits? Lassen sich diese stärken – etwa durch Weiterbildung? In vielen Unternehmen bestehen bereits Gremien oder Kreise, die sich mit Gesundheitsthemen befassen. Sie können diese ausbauen – oder neue Gremien für Ihr BGM aufbauen.
Durch klare Strukturen und regelmäßige Kommunikation wird das BGM zielgerichtet gesteuert und kann flexibel an aktuelle Bedarfe angepasst werden. Der Aufbau und die Nutzung geeigneter BGM-Strukturen sind daher entscheidend, um das BGM nachhaltig zu verankern. Nach der Bestandsaufnahme gilt es, Aufgabenbereiche und Verantwortlichkeiten zuzuteilen. Da BGM ein Querschnittsthema im Betrieb ist, sollten alle Beteiligten, die sich mit der Gesundheit von Beschäftigten befassen, an einen Tisch – etwa in einem Arbeitskreis Gesundheit (s. unten).
Aus dem Austausch ergeben sich Schnittstellen zwischen Prozessbeteiligten. Zudem eignet man sich auf Zuständigkeiten und grenzt Aufgabenbereiche voneinander ab. Idealerweise bestimmen Sie eine Person, die den Überblick behält und das Gesundheitsmanagement moderiert und koordiniert. Die Praxis zeigt: Die BGM-Beteiligten sind nicht jedem Betrieb gleich. Sie hängen stark von der Organisationsstruktur ab. Eine Beteiligtenanalyse kann dabei helfen, die relevanten Personen zu identifizieren.
Typischerweise arbeitet das BGM zur Bewältigung der Aufgaben bei Bedarf eng mit weiteren vorhandenen Fachkompetenzen in der Organisation zusammen. Dazu gehören je nach Unternehmensgröße und Organisationsform u.a.
- der Arbeitsschutzausschuss
- die Fachkraft für Arbeitssicherheit
- der Arbeitsmedizinische Dienst
- die für BEM zuständige Stelle
- ggf. Verantwortliche im Betriebssport
Wie und wo das BGM organisatorisch angebunden wird, wirkt sich nicht nur auf seine Durchsetzungskraft und Sichtbarkeit aus. Es beeinflusst auch, wie BGM im Betrieb bewertet und wahrgenommen wird. Die Anbindung sollte auf den festgelegten Zielen basieren. Das BGM kann an verschiedenen Stellen im Betrieb angesiedelt werden:1
Referat für Personal, Personalentwicklung oder Organisation
- I.d.R. guter Draht zur Unternehmensleitung
- Vorliegende Daten lassen sich für Analyse nutzen (Altersstruktur, Fehlzeiten etc.)
- BGM Maßnahmen, die Fortbildung oder Personalentwicklung betreffen, können direkt entschieden bzw. vorbereitet werden.
- Bereich Arbeitssicherheit
Bereich Arbeitssicherheit
- Arbeits- und Gesundheitsschutz sind integral für das BGM. Beide sind gesetzlich geregelt – es besteht ein direktes Vortrags- und Berichtsrecht an die Leitung.
- Doppelstrukturen lassen sich vermeiden, ebenso über Zuständigkeitskonflikte zwischen BGM und Arbeits- und Gesundheitsschutz.
- Hohe Kompetenz hinsichtlich Gesundheitsthemen vorhanden. Je nach Schwerpunkt sind zusätzliche Qualifizierungen nötig – etwa im Bereich psychische Gesundheit.
- Nachteile: Einseitiger Fokus auf Unfallverhütung oder Aspekte des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Kompetenzen rund um Personal- und Organisationsentwicklung oder Projektmanagement sind oft wenig vorhanden.
Eigene Organisationseinheit (Stabstelle oder Referat)
- Zeigt hohe Priorität des Themas im Betrieb und stärkt die Durchsetzungsfähigkeit.
- BGM wird als übergeordnetes Thema wahrgenommen.
- Nachteile: Andere Abteilungen – Personal, Organisation, Arbeitsschutz – müssen Infos kontinuierlich einholen. Anbindung an die höchste Hierarchieebene kann dazu führen, dass Beschäftigte bei Gesundheitsfragen weniger offen sind.
Das sind natürlich nur drei mögliche Konstellationen. Je nach Größe und Struktur ergeben sich individuell geeignetere Möglichkeiten.
In ganz kleinen Betrieben sind es meist Einzelpersonen, die für das BGM zuständig sind. In mittelgroßen und großen Unternehmen hat es sich bewährt, ein BGM-Steuerungsgremium zu gründen. Zum Beispiel: Einen Arbeitskreis Gesundheit (kurz: AKG). Dort können BGM-Beteiligte für die gemeinsame Zusammenarbeit zusammentreffen. Der Arbeitskreis Gesundheit setzt sich meist aus Vertreter:innen aller am Gesundheitsmanagement beteiligten Bereiche zusammen, die von einem Hauptverantwortlichen koordiniert werden. In großen Firmen übernehmen häufig die fest angestellten Betriebsärztinnen und Betriebsärzte die Leitung des AKG und des BGM.2
Teilnehmende
- Betriebsleitung
- Führungskräfte
- Personalabteilung, insbesondere die für die Personalentwicklung zuständige Stelle
- Betriebs- bzw. Personalrat oder die Vertretung von Mitarbeitenden in Kleinbetrieben
- Betriebsärztlicher Dienst
- Fachkraft für Arbeitssicherheit
- Schwerbehindertenvertretung
- Gleichstellungsbeauftragte
- ggf. auf BGM spezialisierte Berater:innen/Moderator:innen (extern)
Aufgaben des Arbeitskreis Gesundheit
- Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses von BGM
- Festlegung von Prioritäten und Zielen
- Entwicklung einer BGM-Strategie
- Steuerung der Aktivitäten des BGM (planen, durchführen, kontrollieren, verbessern)
- Information aller Betriebsteile – von der Pforte bis zur obersten Leitung
- Schaffung von Beteiligungsmöglichkeiten für Beschäftigte – etwa durch Befragungen, Workshops, Gesundheitszirkel sowie im Steuerungsgremium.
- Unternehmensinterne Vernetzung untereinander – z.B. Arbeitsschutzausschuss, Betriebsmedizin, Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM), Personalentwicklung, Organisationsentwicklung, BGM-Verantwortlichen usw.
Einige Unternehmen halten Leitlinien für BGM schriftlich fest. Zum Beispiel in Form einer Corporate Health Policy oder Betriebsvereinbarung. Das kann BGM-Beteiligten und Beschäftigten als Orientierung und Referenzpunkt dienen. Die Grundsätze festzuschreiben, ist aber nicht unbedingt notwendig und hängt von der Unternehmenskultur ab. Wer mit dem BGM Erfolg haben will, lebt die Grundsätze vor. So werden sie ein selbstverständlicher Teil der Unternehmenskultur.b
Eine Blaupause für das BGM oder ein fertiges Paket gibt es nicht. Unternehmen sind verschieden und haben unterschiedliche Rahmenbedingungen. Die jeweils geeigneten Prozesse und Strukturen hängen sowohl von der Größe, der Organisationsstruktur und der Aufgabe als auch von den gesetzten Zielen ab. Deshalb braucht es ein BGM, das auf den jeweiligen Betrieb zugeschnitten ist.