Rauchen am Arbeitsplatz betrifft nicht nur die Raucher:innen selbst, sondern hat auch weitreichende Auswirkungen auf die Belegschaft und den Betrieb insgesamt. Die gesundheitlichen Risiken, produktivitätsbedingte Ausfälle und steigende betriebliche Kosten machen Tabakprävention zu einem wichtigen Thema im BGM.
Tabakprävention: Rauchfrei im Betrieb
Ob Beschäftigte rauchen, hängt häufig vom persönlichen und beruflichen Hintergrund ab. Neben dem Bildungsniveau und der Einkommenssituation stehen die Berufsart und der Erwerbstätigkeitsstatus mit dem Rauchverhalten in Zusammenhang. Zu den Berufsgruppen mit den höchsten Anteilen von Rauchenden gehören unter anderem:4
- Abfallentsorgungsarbeiter:innen (51,9%)
- Reinigungspersonal für Fahrzeuge, Fenster, Wäsche und sonstige manuelle Reinigungsberufe (50%)
- Maler:innen, Gebäudereiniger:innen und verwandte Berufe (48,2%)
- Fahrer:innen schwerer Lastkraftwagen und Busse (46%)
- Baukonstruktions- und verwandte Berufe (45,3%)
- Kraftfahrzeugführer:innen (44,7%)
- Betreuungsberufe im Gesundheitswesen (44,2%)
Für die Gesundheit der Beschäftigten hat das Rauchen schwerwiegende Folgen. Die Tabakepidemie gilt laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als eine der größten Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit, mit der die Welt je konfrontiert war. Das Rauchen ist in den Industrienationen das bedeutendste einzelne Gesundheitsrisiko und die führende Ursache vorzeitiger Sterblichkeit.1 Tabakrauch enthält zahlreiche Schadstoffe, die beim Inhalieren über die Lunge sehr schnell und effizient aufgenommen werden. Rauchen schädigt nahezu jedes Organ des Körpers und ist der wichtigste vermeidbare Risikofaktor für chronische, nichtübertragbare Krankheiten. Zu den Gesundheitsschäden, die durch Tabakkonsum auftreten können, gehören unter anderem:4
- Viele Krebsarten (Lungen, Rachen, Magen, Leber, Blase u.v.m.)
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall
- Atemwegserkrankungen wie COPD, Asthma oder Bronchitis
- Knochen- und Gelenkerkrankungen wie Arthritis
- Stoffwechselerkrankungen
- Magen-Darm-Erkrankungen
- Erkrankungen des Immunsystems
- Schäden an Zähnen und Zahnhalteapparat
- Erektionsstörungen, verminderte Fruchtbarkeit und Komplikationen in der Schwangerschaft
Das Rauchen ist aber nicht nur ein persönliches Gesundheitsrisiko für die konsumierende Person. Das Passivrauchen belastet auch nichtrauchende Personen, die ebenfalls ein erhöhtes Erkrankungsrisiko haben. Bei Kindern erhöht sich das Risiko von akuten oder chronischen Entzündungen der unteren Atemwege um 50 bis 100 Prozent, wenn sie dem Passivrauch ausgesetzt sind.5
Etwa jeder fünfte Krebsfall wird durch Rauchen verursacht.
Trotz gravierender Gesundheitsrisiken fällt es den meisten Raucher:innen schwer, einfach aufzuhören. Sie sind körperlich und psychisch abhängig. Denn: Das in der Tabakpflanze enthaltene Nikotin macht süchtig. Die internationale Klassifikation von Krankheiten (ICD-10) definiert Kriterien für Abhängigkeit. Liegen im Verlauf des letzten Jahres drei von sechs dieser Kriterien vor, besteht eine Abhängigkeit.4
- Es besteht ein starker Wunsch oder sogar Zwang, die Substanz zu konsumieren.
- Verminderte Kontrollfähigkeit im Umgang mit der Substanz
- Der Körper entwickelt gegenüber der Substanz eine Toleranz, sodass eine immer höhere Dosis zugeführt werden muss, um den gewünschten Effekt zu erreichen.
- Wird die Substanz nicht zugeführt, kommt es zu Entzugssymptomen – etwa innere Unruhe, Reizbarkeit, Angst, schlechte Stimmung oder Konzentrationsprobleme.
- Die Substanz wird konsumiert, obwohl der Konsument über deren schädigende Wirkung Bescheid weiß.
- Soziale und berufliche Aktivitäten werden zugunsten des Substanzgebrauchs vernachlässigt.
Die direkten Kosten im Gesundheitssystem für die Versorgung von Krankheiten und Gesundheitsproblemen, die auf das Rauchen zurückgehen, belaufen sich Schätzungen für das Jahr 2018 zufolge auf rund 30 Mrd. Euro. Unter Einbeziehung der indirekten Kosten – etwa für Produktivitätsausfälle, Erwerbsunfähigkeit, Frühberentung und Todesfällen – in Höhe von 66,9 Mrd. Euro – ist von gesamtwirtschaftlichen Kosten in Höhe von 97,2 Mrd. Euro pro Jahr auszugehen.3 Laut Berechnungen belaufen sich die ökonomischen Einbußen durch Tabakkonsum pro Arbeitnehmer:in auf 3.260 Euro.
In den Zeiträumen 2002 bis 2021 führte Deutschland verstärkt tabakkontrollpolitische Maßnahmen ein, um den Tabakkonsum in der Bevölkerung zu verringern. Und: Um Nichtrauchende besser vor den Gesundheitsgefahren des Passivrauchens zu schützen.2 Im Jahr 2007 trat etwa das Bundesnichtraucherschutzgesetz in Kraft, das das Rauchen in Einrichtungen des Bundes, öffentlichen Verkehrsmitteln und Bahnhöfen verbot. Es folgten die Nichtraucherschutzgesetze der Bundesländer, die neben öffentlichen Einrichtungen auch die Gastronomie in das Verbot einbezogen.2
Der Anspruch auf Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz – und dazu gehört auch der Nichtraucherschutz – ist zum Beispiel im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgelegt. Für Unternehmen und Betriebe ist insbesondere die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) relevant, der den Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz gesetzlich vorschreibt und vom Betriebsrat zu überwachen ist.
(1) “Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Rauche und Dämpfe von Tabak- und Cannabisprodukten sowie elektronischen Zigaretten geschützt sind. Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen.”
(2) “In Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr hat der Arbeitgeber beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsräumen der Natur des Betriebes entsprechende und der Art der Beschäftigung angepasste technische oder organisatorische Maßnahmen nach Absatz 1 zum Schutz der nicht rauchenden Beschäftigten zu treffen.”
Zwischen drei und vier Millionen Nichtrauchende sind an ihrem Arbeitsplatz unfreiwillig Tabakrauch ausgesetzt.
Auch wenn es schwierig ist, dem Rauchen zu entsagen – ein Rauchstopp lohnt sich immer und das in jedem Alter. Er verbessert die Lebensqualität und verlängert das Leben um bis zu zehn Jahre. Schon nach wenigen Tagen Abstinenz verbessern sich die Atemwegsfunktionen und der Blutdruck sinkt. Innerhalb weniger Jahre verringert sich das Erkrankungsrisiko für Herz-Kreislauferkrankungen deutlich und auch das Erkrankungsrisiko für die meisten Krebsarten sinkt.4
Die gute Nachricht für Unternehmen: Beschäftigte bei einem Rauchstopp oder einer Tabakentwöhnung zu unterstützen erhöht die Wahrscheinlichkeit für einen erfolgreichen Ausstieg.5 Bewährte Maßnahmen in der Tabakprävention sind:
- Kommunizieren: Offen mit der Belegschaft sprechen und in Erfahrung bringen, wer sich durch das Rauchen anderer im Betrieb gestört fühlt.
- Informieren: Kampagnen, Flyer oder Workshops können das Bewusstsein für die Risiken des Rauchens schärfen. Aufklärung über gesundheitliche Folgen sowie finanzielle und soziale Nachteile motiviert viele Raucher:innen, über einen Rauchstopp nachzudenken.
- Rauchverbot einführen: Ein guter Weg, um den gesetzlich vorgeschriebenen Nichtraucherschutz umzusetzen, ist ein ganzheitliches betriebliches Rauchverbot – auf dem gesamten Betriebsgelände, um die Vorbildfunktion des Unternehmens zu stärken. Mehrere Beobachtungsstudien fanden positive Ergebnisse in Bezug auf die Raucherentwöhnung und die verringerte Passivrauchbelastung.6
- Betriebsvereinbarung: Die Regelungen zum Nichtraucherschutz im Betrieb können hier schriftlich festgehalten werden. Ein Muster bietet etwa die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
- Materielle Anreize setzen, um Beschäftigte für einen Rauchstopp zu motivieren. Das können finanzielle Vorteile, Prämien oder Zusatzleistungen für rauchfreie Mitarbeitende anbieten.
- Rauchausstiegskurse im Betrieb anbieten, zum Beispiel in Zusammenarbeit mit der Krankenkasse oder externen Partner:innen. Oder auf Basis von §20 SGB V zertifizierten Nichtraucher-Online-Kursen (Präventionskurs).
- Nikotinersatztherapie: Nikotinkaugummis oder Nikotinpflaster bereitzustellen, um Beschäftigte bei der Raucherentwöhnung am Arbeitsplatz zu unterstützen, wirkt sich Studien zufolge nachweislich positiv aus – und ist einfach und kostengünstig.6
- Unterstützungsangebote: Individuelle Beratungen durch eine Fachkraft – etwa kurze oder längere Motivationsgespräche, Gruppenberatungen, ein Zugang zu Suchtberatungsstellen oder die Organisation von Nichtraucherkursen bieten eine direkte Unterstützung für Mitarbeitende, die mit dem Rauchen aufhören möchten.
- Gesundheitsfördernde Angebote: Neben direkten Maßnahmen zur Rauchentwöhnung sollten auch allgemeine Gesundheitsprogramme wie Stressmanagement, Sportkurse oder Ernährungsberatung gefördert werden. Diese können Raucher:innen helfen, Stress anders zu bewältigen und gesünder zu leben.
Tabakprävention am Arbeitsplatz ist nicht nur ein Gewinn für die Gesundheit der Mitarbeitenden, sondern auch für die Produktivität und die Kostenstruktur eines Unternehmens. Mit gezielten Maßnahmen im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements können Unternehmen eine rauchfreie Kultur etablieren, die langfristig zu einem besseren Arbeitsklima und einem höheren Wohlbefinden führt.